Leserbrief an die Norderstedter Zeitung vom 19.06.2023
Zum Artikel „SPD schluckt Linke, WiN die Freien Wähler“, vom 10.06.2023
Man hätte es ahnen können: die Änderungen im Kommunalrecht, die Schwarz-Grün in Kiel erst vor kurzer Zeit beschlossen haben, führen in zahlreichen Stadt- und Gemeindevertretungen sowie in etlichen Kreistagen zu vehementen Veränderungen. Keine Partei möchte ihren Fraktionsstatus verlieren, alle wollen ein Stück vom Kuchen abhaben. Und wen interessiert es schon, in welcher Partei man ist, Dabeisein ist alles. Da wechseln in Norderstedt zwei Vertreter der Linken einfach mal so in die SPD und die beiden Vertreter der Freien Wähler schließen sich mit der WiN zu einer größeren Fraktion zusammen – noch bevor die konstituierende Sitzung der neuen Legislaturperiode überhaupt stattfand. Alles ist möglich, Hauptsache „die AfD kann in keinem Ausschuss zwei Sitze erlangen“, so Reimer Rathje von der WiN.
Dass dieses Vorgehen der AfD in die Hände spielt und die Altparteien durch ihr leicht durchschaubares Spiel denen nur noch mehr Zulauf bescheren werden, das werden wir in den kommenden Monaten und Jahren erleben. Anstatt einen offenen, kontroversen Dialog mit allen demokratisch (!) gewählten Parteien zu führen, Argumente auszutauschen und ggf. zu streiten, werden nur Durchhalteparolen kommuniziert. Sich dann hinzustellen und von „demokratischen Wählergemeinschaften“ zu sprechen, treibt jedem echten Demokraten die Tränen in die Augen. Demokratisch wäre es, wenn sich alle gewählten Vertreter darauf einigen würden, auf friedlichem Weg unterschiedliche Positionen für ein politisches Handeln miteinander in Einklang zu bringen. Stattdessen erleben wir Ausgrenzung und Intoleranz. Wer danach strebt, gewählte Vertreter politischer Gremien von der Debatte auszuschließen, sollte mit dem Wort Demokratie ganz vorsichtig umgehen.
Mario Beck, 1. Vorsitzender dieBasis Kreisverband Segeberg
Erschienen in der Norderstedter Zeitung vom 10.06.23